Subaru Justy KAD 4WD ECVT

Stufenloser Allradler

Irgendwann fiel es mir auf. Beiläufig. Zufällig. Ganz nebenbei. Mal wieder auf der Suche nach einem Winterauto. Was auch immer. Irgendwas sucht man ja ständig. Manchmal stolpert man dabei über Dinge, von denen man bis dahin zwar nichts wusste, man sie aber dennoch unbedingt benötigen würde. Am besten nicht Morgen oder Übermorgen. Nein. Sofort ! Wie eigentlich konnte man bis jetzt nur ohne auskommen ? Geradezu unvorstellbar. Da haben die schlauen Japaner doch tatsächlich einen kleinen Wagen auf die Räder gestellt welcher allen ernstes ein elektronisch gesteuertes CVT-Getriebe, die in Lizenz gebaute Weiterentwicklung der guten alten Daf Variomatic also, mit einem zuschaltbaren Allradantrieb verbindet. Das ganze angetrieben von einem putzigem 3 Zylinder Motor mit 1200 ccm. Ja Herrschaftzeiten, wie konnte mir dieses Juwel des Automobilbaus bis jetzt nur verborgen bleiben ? Eine Offenbarung geradezu für den Daf-Fan welcher auch im Winter nicht auf das variomatische Fahr-Erlebniss verzichten mag.

Einmal angefixt, ist natürlich klar worum sich die Internet-Recherchen in Zukunft drehen würden. Es gilt, einen ordentlichen Justy der ersten Serie ( KAD, gebaut von 1984-1995 ) mit ECVT-Getriebe zu finden. Bei der ersten Justy Generation handelt es sich noch um eine Eigenkonstruktion von Subaru. Die nachfolgenden Generationen entstanden in Kooperation mit Suzuki und Daihatsu.

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Niemals hätte ich gedacht wie schwierig es werden würde einen solchen Justy in annehmbarem Zustand zu finden. Kunden waren offenbar in erster Linie Förster, Jäger und sonstige Waldschrate. An deren Vorlieben hat sich wenig geändert, was Heute dafür sorgt das man den Justy gerne grün gerollt und mit größerem Borsten-Vorkommen im Innenraum findet.

Da mir die Wildsau auf´m Teller wesentlich lieber ist als im Auto, hab ich von derartigen Offerten Abstand genommen. Was bleibt sind Leichen mit fragwürdigen Defekten. Mit herrausgebrochenen Federbeindomen, defekten Getrieben und kapitalen Motorschäden will ich mich zum Einstand allerdings nun nicht unbedingt herumschlagen. Davon ab gibt’s natürlich auch ganz selten mal ein Rentner-Gepflegtes Fahrzeug. Die passen dann aber nicht mehr so wirklich ins Winterauto-Budget, und stehen vorzugsweise am Bodensee oder so.

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Totale Ernüchterung. Da sucht man einen Quasi-Neuwagen und findet nichts. Je länger ich suche, um so mehr verschieben sich auch die Schmerzgrenzen für Zustand und Budget. Dennoch finde ich über ein Jahr lang nichts passendes. Dafür hab ich aber Zeit mich mit den Schwachstellen zu beschäftigen. Der größte Feind des Justy ist der Rost. Vom Werk zu wenig geschützt, von den Besitzern zu wenig geschätzt, ist der Verfall vorprogrammiert. Technisch hingegen ist der Justy im großen und ganzen eine solide Konstruktion.

Das Telefon klingelt. Ein alter Bekannter meldet sich. Martin ist mit seiner Autoteile-Sammlung vor einigen Jahren in einen alten Bunker auf einem stillgelegtem Kasernen-Gelände gezogen. Nun wird das ehemalige Munitionslager aufgelöst. Es sind noch Talbot- u. Citroen-Teile da. Wenn ich Spaß hätte solle ich doch vorbei kommen und mir einladen was ich brauchen kann, der Rest geht auf den Schrott. Na klar. Da bin ich dabei. Ein paar Wochen später stehe ich mit dem Volvo 245 irgendwo mitten im Wald vor einem verschlossenen Tor und blicke durch selbiges auf einige leer stehende ehemalige Bundeswehr Gebäude. Bin viel zu früh da. Martin kommt erst in einer Stunde. Ich lege mich in den Kofferraum und mache einen Mittagsschlaf. Beim nächsten Blick aus dem Fenster sehe ich einen alten 3er BMW ebenfalls vor dem Tor stehen. Andreas interessiert sich für Mini-Teile. Martin hat wohl auch noch einen ollen Innocenti-Mini im Bunker stehen. Ein gelber Abschleppwagen fährt vor, Martin steigt aus und öffnet das Tor. Ab geht’s durch den Wald, vorbei an verlassenen Hallen, Häusern und immer wieder sieht man dicke Stahltüren hinter welchen sich die Bunker befinden müssen. Vor eben einem solchen Tor bleiben wir stehen. Dahinter verbergen sich die Reste einer riesigen Teilesammlung. Viel ist nicht mehr übrig. Einige prall gefüllte Gitterboxen stehen noch dort. In einer Ecke finden sich die Talbot-Teile, in einer anderen steht der Inno-Mini. Nachdem ich den Volvo bis unters Dach mit Teilen vollgestopft hab geselle ich mich zu den Mini Inspekteuren. Ein ziemlicher Schrotthaufen ohne Substanz. Andreas hat kein Interesse, was mich wundert, ich hätte ihn schon allein wegen der hübschen Alu-Felgen mitgenommen. Andreas hat neben einem Mini Metro GTA noch einen R4 Kastenwagen, zwei Subaru XT etc. und, ach ja : „Bevor ich diesen Allrad-BMW von meinem Onkel geschenkt bekam, fuhr ich einen Subaru Justy, der steht auch immernoch da. Hab schon mehrmals überlegt den zu verkaufen, konnte mich aber nie dazu durchringen.“ Interessant ! Ich werde hellhörig und schnell ist klar das dort genau das steht wonach ich schon so lange gesucht hatte : Ein gepflegter Justy der ersten Generation, ECVT, Dreitürer, Vollausstattung.

Da der Wagen nicht weit weg vom ehem. Munitionslager steht wird selbstverständlich ein Besichtigungstermin für sofort anberaumt. Der Wagen springt, obwohl er schon lang steht und absolut unvorbereitet ist, sofort an und lässt sich vor und zurück bewegen. An der Karosserie gibts zwar einigen Schweißbedarf und die Bremsen rundum sind offensichtlich fällig, dennoch überzeugt mich der Wagen aufgrund seines ansonsten tollen Zustandes. So wird man sich schnell handelseinig. Ja klar, da sucht man lange vergebens und nun spielt einem Gevatter Zufall das Objekt der Begierde in die Hände. Herrlich.

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Einige Zeit später, nachdem der Wagen auf eigener Achse gut zu Hause angekommen ist, gehts gleich auf die Bühne. Zu schweißen sind die beiden hinteren Schweller-Enden ebenso wie einige Stellen im Bereich der vorderen Radkästen. Wie ich inzwischen weiß ist das für einen Erstserien-Justy recht harmlos. Ansonsten rosten die wirklich überall. Insbesondere Kotflügel/Radläufe, Radkastenbereiche hinten und vorne, Stoßdämpferaufnahmen etc. sind häufig stark angegriffen. Da ich von dem Auto aber gerne länger etwas haben möchte, hab ich die Gelegenheit ergriffen und ihn nach den Blecharbeiten gleich einer gründlichen Fluid-Film und Mike Sanders Kur unterzogen. Ganz los wird wohl auch dieser Justy den Rost nicht mehr, zumindest aber ist der status quo konserviert. Bremsen, Zahnriemen, Wasserpumpe, Kühlwasserrohr sowie Dichtung zwischen Motorgehäuse und Verteiler werden ebenfalls erneuert.

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Derart gewissenhaft vorbereitet sollte die Tüv-Abnahme ja keinerlei Überraschungen bereit halten. Dachte ich. Leider war der Tüv-Mann meines Vertrauens im Urlaub. Nachdem der mir unvertraute Tüv-Mann die nicht funktionierende Heckscheiben-Wisch-Wasch-Anlage moniert gehe ich zum Kaffee-Automaten. Das kann ich mir nicht weiter mit ansehen. Die Plakette bleibt uns verwehrt.

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EM : Nicht eingetragenes Sport-Fahrwerk der Firma Brüggemann. Ignorant ! Da hat der Justy ein originales Sport-Fahrwerk von Subaru-Brüggemann, und nun sowas. Die Fa.Brüggemann gibt’s natürlich nicht mehr. Glücklicherweise kann ich Herrn Brüggemann aber aufspüren. Und tatsächlich kann er mir die passenden Unterlagen zur Verfügung stellen. Plakette erteilt. Besten Dank. Glück gehabt.

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Und wie fährt es sich nun, das kleine Technikwunder ? Um es kurz zu machen : Meine ( großen ) Erwartungen werden nicht enttäuscht ! Insgesamt kann man sagen das der Justy sich schon recht Daf-mäßig fährt. Also im Grunde genommen wie gewohnt. Dank der Magnetpulver-Kupplung, welche knapp über Standgasdrehzahl sanft den Kraftschluss herstellt, gibt’s kein kriechen vor der Ampel. Latscht man bei grün voll drauf gewinnt man mit laut aufheulendem Motor jedes Ampelrennen. Lupft man hingegen frühzeitig das Fahrpedal dankt es einem die Maschine mit niedertourigem dahingleiten. Sehr lässig. So sollte es sein. Genial. Die große Stunde des kleinen Justy aber schlägt wenn alle anderen ins straucheln kommen. 30 cm Neuschnee und der Schieber war noch nicht da ? Pah ! Da drück ich lässig das kleine rote Knöpfchen am Wählhebel und setze den Blinker links ! Wenn Ihr Angst habt, fängt bei mir gerade erst der Spaß an. Auch bei akuter Schneeschüppen-Allergie erweist sich der Justy als treuer Freund welcher einen stets sicher die Einfahrt hinauf bringt.

Neben seinen Winter-Qualitäten überzeugt der Justy aber auch sonst mit vielen tollen praktischen Detail-Lösungen. Ich mag es ja immer sehr wenn man erkennt das sich jemand mit einer Konstruktion wirklich auseinander gesetzt hat. Als Beispiel sei hier nur das Glasdach genannt. Man kann es mit einem Handgriff aufstellen. Mit zwei weiteren Handgriffen hat man es ruck-zuck komplett aus der Luke genommen und entdeckt dabei zwei kleine Windabweiser welche aus dem Dachausschnitt herausklappen und für Wirbel freie Belüftung des Innenraums sorgen. Im Kofferraum findet man sodann zwei kleine Gurte vor mit welchen man das Glasdach exakt fixieren kann. Derart konsequent ist der ganze Wangen gestaltet. Man trifft nie auf windige Lösungen. Alles hat Hand und Fuß. Und so fährt er sich ziemlich zielsicher in unsere Herzen.

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Was ihm insofern zum Vorteil gereicht, als das er uns dann doch noch mit ein paar Prüfungen auf die Probe stellt. So stellt eines Tages die Magnetpulver-Kupplung ihren Dienst ein. In diesem Fall ist der Fehler schnell ausgemacht : Die Kohlen welche den elektrischen Kontakt zur Kupplung herstellen sind verschlissen. Mit wenigen Handgriffen lässt sich die Trägerplatte der Kohlen aus der Kupplungsglocke schrauben und ersetzen.

Einige Zeit später lässt sich der Allrad-Antrieb nicht mehr aktivieren. Da ich glücklicherweise mittlerweile über ein Werkstand-Handbuch verfüge lässt sich auch hier der Übeltäter schnell einkreisen : Kabelbruch im Wählhebel.

Beim nächsten Defekt hat er dann aber richtig zugeschlagen : Das Variomatic-Getriebe macht zunächst leise, später immer lauter auf sich aufmerksam. Bis eines Tages die Getriebe-Geräusche den Motor übertönen. Irgendwie läuft es zwar bis zum Schluss, da ich aber neben Literatur inzwischen auch Teile angesammelt habe ( wenn man einmal anfängt … ) ziehe ich es vor ein funktionierendes Getriebe zu installieren. In einer ruhigen Minute werde ich das defekte Teil mal zerlegen und schauen was dort los ist.

Seither zieht er unauffällig seine Bahnen, erfreut uns mit totaler Zuverlässigkeit und wird uns hoffentlich noch lange dienen.

Das es sich bei dem Erstserien Subaru Justy mit Allradantrieb und stufenlosem Getriebe um eine recht bemerkenswerte Konstruktion handelt ist inzwischen auch der auf Altblech spezialisierten Fachpresse aufgefallen. So kommt unser kleiner Racker sogar zu ein wenig Ruhm auf seine alten Tage : Schaut Ihn euch an, frisch poliert, in der Restwert-Klassiker Reportage der Autobild Klassik 12/2013